Wenn Beau Seelen streichelt…

Ich habe hier ja schon mehrfach berichtet, in wie weit und wie sehr sich mein Leben verändert und auch bereichert hat, seit ich Hundebesitzerin bin. Ich denke das dürfte für die meisten meiner Leser nichts Neues sein. Und dass ich jeglichem Hund, den ich bisher besessen habe, bzw. aktuell besitze, unendlich dankbar bin für alles brauche ich wohl auch nicht noch einmal zu erwähnen. Über all diese Dinge soll es in diesem Artikel auch gar nicht gehen, bzw. das soll nicht der Schwerpunkt werden, über den ich hier schreiben möchte. :declare:

 

In den vergangenen Wochen seit meinem letzten Blogeintrag habe ich mit Beau neben ein paar Dummytrainings (ich habe darüber berichtet) immer wieder ehrenamtliche Arbeit mit Beau zusammen gemacht. Wie ihr wisst sind wir ausgebildetes Besuchs-/Therapiehundeteam und wie gehen jeden Donnerstag Nachmittag in ein privates Pflegeheim. Arbeiten dort z.B. mit einer Patientin, die an MS erkrankt ist. Sie bekommt durch Beau quasi ein bisschen Bewegungstherapie (sie ist in der Bewegung sehr eingeschränkt). Sie muss versuchen ihm ein Dummy zu „werfen“, er holt es, bringt es ihr uns sie muss versuchen es ihm dann wieder ab zu nehmen. Ich weiß nicht ob ich Euch dazu schon mal ein Bild gezeigt habe.

 

 

Zu dieser bisherigen Tätigkeit, haben wir dieses Jahr nun die Arbeit mit Flüchtlingen aufgenommen.

 

Ich habe Euch ja schon von Morad berichtet. Die Sache mit dem Praktikum hat geklappt und Morad hat nun schon den ganzen März täglich nach der Sprachschule vormittags in der Autowerkstatt gearbeitet. Er ist seither merklich aufgeblüht, hat dort auch neue Freunde gefunden usw. Für seinen ersten Arbeitstag habe ich ihm Ende Februar noch sein eigenes, neues Werkstattoutfit besorgt, da ich wollte, dass er sich nicht „anders“ sondern, zumindest schon mal von seinen Klamotten her „zugehörig“ fühlt. Er hat sich wirklich sehr darüber gefreut. Neben dem Praktikum konnte ich mit ihm so gut wie alle Bürokratengänge erledigen, er hat nun seine geregelte finanzielle Unterstützung, wohnt mit drei anderen anerkannten Flüchtlingen in einer eigenen Wohnung und konnte so aus der Gemeinschaftsunterkunft ausziehen, etc. Es hat sich einiges getan. Natürlich ist dennoch noch das ein oder andere notwendig, aber ich denke wir sind schon mal ein bisschen vorwärts gekommen um ihm das Gefühl zu geben, dass er hier auch wirklich willkommen ist und nicht alle Menschen hier ablehnend und skeptisch sind. ;-)

 

Ich versuche auch mit ihm zusammen jeden Montag ins Asylcafé zu gehen. Die Caritas öffnet immer von 18-20 Uhr ihren Gemeinschaftsraum, wo jeder einfach hingehen kann. Dort treffen sich immer Flüchtlinge, Stadtbewohner, Ehrenamtliche, etc. auf einen Kaffee, Tee, Gebäck um gemeinsam Deutsch zu lernen, Spiele zu spielen, zu reden usw. Eine wirklich tolle Idee und Einrichtung. Seit ein paar Wochen nehme ich dorthin auch immer Beau mit. Er freut sich sehr, wenn er dabei sein kann und so haben immer wieder neue Menschen, gerade auch solche, die bisher noch nie so direkt Kontakt zu Hunden hatten, die Möglichkeit sich auf das Abenteuer Hund einzulassen. ;)

 

Beau liegt meist auf seiner Decke einfach mitten drin. Entweder er schläft….

 

 

…oder er genießt die Streicheleinheiten, neuen Bekanntschaften, etc. von anderen Leuten. Letzte Woche Montag hat er nach einer guten Woche Morad das erste Mal wieder gesehen und sich so gefreut, dass er ihn direkt einfach mal belagern musste :LOL:

 

 

Wie ihr sehen könnt ist Beau halt doch auf eine gewisse Art und Weise ein Schoßhündchen würde ich mal meinen. :-) Für mich ist es immer wieder, teils überraschend zu sehen wie der ein oder andere Mensch auf Beau reagiert, bzw. auf dessen Anwesenheit. Der ein oder andere ist beim ersten Aufeinandertreffen etwas distanziert und zurückhaltend, der andere traut sich schneller auf Beau zu zu gehen, manche wissen auch schlicht und ergreifend nicht wie sie sich verhalten sollen. Dennoch findet Beau von Zeit zu Zeit immer den richtigen Weg um den Mensch für sich begeistern zu können und ihm das Gefühl und die Sicherheit zu vermitteln, dass er ein guter Freund ist und keinem etwas Böses möchte.

 

Die Erfahrung bzw. das Arbeiten mit Kindern, gehört auch zu unserem Aufgabenspektrum. Diese ehrenamtliche Tätigkeit machen wir wöchentlich Mittwochs für eine Stunde. In der Flüchtlings Gemeinschaftsunterkunft „Gelbes Haus“ in einem Teilort von Sigmaringen, sind Beau und ich immer Mittwochs im so genannten Spielzimmer an zu treffen. Ich habe lange mit einem Mitarbeiter der Caritas überlegt, wie wir dieses „Projekt“ starten könnten. Ich zwinge niemandem Beau’s und/oder meine Gesellschaft auf. Ich möchte, dass die Menschen und Kinder zu uns kommen können, weil sie es möchten und nicht weil sie das Gefühl haben, dass sie es müssen. Also habe ich ein paar Bilder von Beau und auch Bilder von ihm und mir zusammen ausgedruckt und im Vorfeld in diesem Zimmer mal ausgehängt gehabt, mit dem Vermerk, dass die Kinder, die uns kennenlernen möchten, uns gerne Mittwochs treffen können. Mir war es auch ein Stück weit wichtig, dass diese Treffen ohne die Eltern stattfinden. Warum? Ganz einfach aus dem Grund, weil ich möchte, dass die Kinder sich selbst sein können und nicht ständig von irgendwelchen Elternteilen dazwischen befohlen bekommen was sie tun sollen und was nicht.

 

Beim ersten Termin fanden sich fünf Kinder ein. Ich war etwas überrascht, dass scheinbar doch so viele Interesse daran hatten. Beim zweiten Termin waren es schon sieben Kinder. Diese Anzahl hat sich auch so langsam eingependelt. Mehr möchte ich auch nicht auf einmal bei den Treffen dabei haben. Ansonsten wird das Ganze für Beau und alle Beteiligten etwas zu viel Stress und unübersichtlich. Und keiner soll den Spaß an den Treffen verlieren. Das ist mir ganz besonders wichtig. :declare:

 

Die Kinder sind meist durch ihre Erlebnisse traumatisiert. Manche mehr und manche Weniger. Einer z.B. davon ist 12 Jahre alt. Er kann nicht wirklich ruhig sitzen, ist sehr aufbrausend, teilweise etwas grob, unkontrolliert und ein bisschen dominierend. Er hat 3 jüngere Schwestern und ist mit seiner Mutter hier in Deutschland. Da die Mutter viel mit seinen Schwestern zu tun hat, kompensiert er seine fehlende Aufmerksamkeit in genau diesem eben beschriebenen Verhalten.
Durch Beau lernt der Junge wirklich sehr gut ruhiger zu werden, seine Kräfte haus zu halten, sich über längere Zeit zu konzentrieren, usw. Mittlerweile schafft er es eine ganze Stunde, was für ihn ein wirklich toller Fortschritt ist. Das freut mich sehr.

 

Ein anderer Junge spricht nicht mehr wirklich groß etwas. Keiner weiß was er alles erleben und mit ansehen musste. Er hat daraus auch eine massive Störung entwickelt und auch sonst kommt niemand mehr wirklich an ihn ran. Außer Beau. Jede Woche einen kleinen Schritt mehr. Heute hat der Junge auch das erste Mal mit mir gesprochen. Nicht viel, aber doch schon ein paar Sätze. Das freut mich sehr. Und ich denke wir sind auf einem guten Weg…..

 

Ich könnte noch ein paar andere Geschichten erzählen über die Kinder, die dabei sind. Ich habe von allen zusammen mit Beau mal ein Foto gemacht. Wirklich ein tolles Bild, alle strahlen darauf. Leider habe ich noch nicht alle Erziehungsberechtigten der Kinder fragen können, ob ich das Bild veröffentlichen darf, deshalb kann ich Euch hier aktuell erst einmal nur folgendes Bild zeigen. (hier habe ich von der Mutter die Genehmigung das Bild zu veröffentlichen)

 

Die Mutter kam vorbei und wollte unbedingt ein Foto von ihren zwei Kindern und Beau zusammen. Der ältere der beiden Kinder ist dank Beau wieder viel offener, kommunikativer und selbstbewusster. So etwas freut mich natürlich sehr. Beau macht diese Arbeit sehr sehr zuverlässig, souverän und unheimlich toll. Ich bin sehr stolz auf ihn! :rosabrille:

 

 

Sobald ich die Genehmigung für das Gruppenbild habe werde ich dieses hier auch noch posten. Es ist wirklich toll zu sehen wie Kinder unterschiedlicher Nationalitäten, mit unterschiedlichen Erlebnissen, Erfahrungen, etc. so harmonisch zusammen sitzen und lachen. Und Beau mittendrin – sichtbar als Schlüssel zu all der Fröhlichkeit auf dem Bild.

 

Wisst ihr, meine Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Beau haben immer wieder gezeigt, dass wirklich viele Menschen, egal ob jung oder alt, krank oder gesund, Ausländer oder Deutscher, einfach seine ruhige Anwesenheit genießen. Sie müssen nicht, wenn sie nicht wollen, mit ihm reden. Beau stellt keine Fragen, belehrt sie nicht, zweifelt sie nicht an oder sonstiges. Er gibt den Menschen genau die Zeit, die sie brauchen um Vertrauen zu fassen, um Sicherheit zu bekommen, dass in seiner Anwesenheit alles gut ist. Dass er nichts Böses von ihnen will. Er gibt ihnen die Zeit, die sie brauchen um vielleicht ihre Gedanken in Worte zu fassen. Sie fühlen sich bei Beau verstanden, egal was und wie häufig sie ihm etwas erzählen. Sie verlieren sich in Gedanken, wenn sie ihm durch das Fell streicheln und er einfach still neben ihnen sitzt, schwelgen auch manchmal dabei in Erinnerungen an eine bessere Zeit.

 

Gleichzeitig zeigt Beau ihnen aber auch immer wieder auf, dass es sich lohnt sich für Neues, Unbekanntes zu öffnen. Dass es sich manchmal auch lohnt dafür über seinen eigenen Schatten zu springen; über seine eigenen Grenzen mal hinaus zu gehen.

 

Kurzum – Beau streichelt die Seele dieser Menschen. Und zwar genau an der Stelle an der sie verletzt, verzweifelt, unsicher oder aufgegeben ist. Das Lächeln dieser Menschen, der Fortschritt, der dadurch erreicht wird und die (stille) Dankbarkeit für die Zeit, die ich mit Beau vorbeikomme, sind wirklich ein tolles Geschenk für mich. Und das ist auch der Grund warum ich es mache. Ich weiß auf Grund meiner Krankheit wie wichtig, schön, Mut und Kräfte schenkend es ist, wenn man weiß, dass jemand für einen Da ist, der es mit bedingungsloser Liebe macht ohne zu fragen was für ihn dabei „rausspringt“.

 

I love my Lakritznase! :love1:

 

– Michaela Bergmann

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